"Bin nicht Goethe, bin nicht Schiller, schreibe nicht wie Lieschen Müller, schreibe einfach hier so hin, weil ich Deine Freundin bin!" Diesen Spruch erinnerte eine 1969 Geborene spontan und fehlerfrei, als sie uns sagte, wir sollten mal einen Beitrag über das gute alte Poesiealbum schreiben. Über 35 Jahre lang schlummerte der Spruch, den ihr eine gute Freundin ins Poesiealbum geschrieben hatte, in dem bunten Büchlein.
Falls Ihr ihn vergessen habt: Noch heute finden sich Hunderte von Poesiealbum-Sprüchen auf den entsprechenden Portalen im Web.
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Anders als in den später aufkommenden Freundschaftsbüchern, in denen Freundinnen und Freunde einen vorgefertigten Fragebogen nach Lieblingstieren, Hobbys und so weiter ausfüllten, war eine Seite im Poesiealbum in der Regel blanko.
Das sprichwörtliche weiße Blatt Papier galt es, sauber zu beschreiben, mit einem passend ausgewählten Sprüchlein. Dazu strengte man sich besonders an und schwang Füller oder Filzstift in Schreib- und "Schönschrift". Damit der geschriebene Poesiealbum-Spruch auch schön gerade verlief, wurden manchmal mit Bleistift vorsichtig Linien gezogen. Aber nur ganz dünn, damit man sie nach dem Trocknen der Füllertinte mit dem "Ratzefummel" wieder wegradieren konnte!
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Beim Bemalen und Verzieren der Doppelseite im Poesiealbum gaben sich die meisten viel Mühe. Rund um das Sprüchlein wurden kleine Glanzbilder oder andere Aufkleberchen aufgeklebt. Wer kreativ war, malte, meist mit bunten Filzstiften, einige Herzchen, Marienkäferlein oder Blümchen.
Größere Motive klebte man auch mal auf die linke Seite der aufgeschlagenen Doppelseite des Poesiealbums. Hier wurde aber in der Regel nichts aufgemalt oder geschrieben. Denn das hätte ja durch die Seite davor durchscheinen damit den Poesiespruch des Vorgänger-Schreibers oder der Schreiberin stören können.
Bevor man selber schrieb, wurden meist erst die anderen Einträge gelesen. Ganz wichtig war auch, wann einem das Poesiealbum überreicht wurde. Denn die Reihenfolge sagte etwas aus, wie nah man der Person stand, der das Poesiealbum gehörte.
Manche Poesiealbum-Besitzer gaben sogar vor, dass man nicht die nächste unbeschriebene Seite, sondern eine Seite weiter hinten beschreiben solle. Das hieß dann eventuell, dass man nicht ganz so eng befreundet war, weil andere noch weiter vorn hineinschreiben sollten...
Habt Ihr Euer Poesiealbum noch? Schaut Ihr mal wieder rein?
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